Schaudepot Boijmans van Beuningen, Rotterdam Kunstvoll verspiegelt

Das Schaudepot Boijmans van Beuningen ist ein Gebäude, das seiner Umgebung den Spiegel vorhält – so nimmt es sich selbst weitestgehend zurück. Zur Montage der zweifach, teils dreifach gewölbten Spiegelpaneele entschieden sich MVRDV Architekten für die Systemlösung Jansen VISS SG Fassade mit der Anforderung der Einbruchhemmung in der Klasse RC4. Werfen Sie einen Blick in die Bildergalerie.

Entstanden ist ein öffentlich zugängliches Depot für Kunst, in dem nicht nur sämtliche Werke einsehbar sind, sondern das in sich selbst ein Kunstwerk ist. - © Jansen/Ossip van Duivenbode

Mit dem Depot Boijmans van Beuningen haben MVRDV Architekten einen neuen Gebäudetyp geschaffen: ein öffentlich zugängliches Kunstlager, in dem sämtliche Werke einsehbar sind. Die Idee zu dem Projekt kam Anfang der 2000er-Jahre auf, weil das unterirdische Depot des benachbarten Museums Boijmans van Beuningen immer wieder
von Überflutungen bedroht war. Die dort gelagerten 151.000 Arbeiten aus sieben Jahrhunderten zu schützen, erforderte dringenden Handlungsbedarf.

Die Besonderheit der umfangreichen und ständig wachsenden Sammlung liegt darin, dass sie nicht nur die Kollektionen zweier Kunstmäzene – Frans Jacob Otto Boijmans und Daniël George van Beuningen – vereint, sondern dass Hunderte von Kunstliebhabern ihnen bis heute "zusammeln"; das heißt, thematisch passende Werke erwerben.

Runde Form – nach oben wachsend

"Sammeln ist eine Leidenschaft", sagt Sjarel Ex, Leiter des Museums Boijmans van Beuningen, anlässlich der Pressekonferenz zum Silver Opening Ende September 2020. "Doch die Verantwortung für eine Sammlung zu tragen, kann erdrückend sein." Aus diesem Grund vertraut so mancher Sammler auf die Expertise professioneller Institutionen, wie sie das Kunstdepot Boijmans van Beuningen bietet: Sieben Klimazonen in 13 verschiedenen Raumsequenzen gewährleisten einen hohen Standard der passiven Konservierung; erfahrene Restauratoren sichern den Erhalt der Kunstwerke über Generationen hinweg.

Doch ein neues Depot sollte auch neue Möglichkeiten eröffnen. Das Ziel war es, nicht länger nur einen Teil der Kunstwerke zu zeigen, sondern die gesamte Sammlung. Und zwar nicht irgendwo auf der grünen Wiese, sondern inmitten von Rotterdam, im Museumspark. Hier befinden sich unter anderem das Boijmans van Beuningen Kunstmuseum, das Niederländische Architekturinstitut und das Naturhistorische Museum, aber auch das Universitätsklinikum mit den angegliederten Fakultäten. "Uns schwebte ein Gebäude vor, das diese Nachbarschaft bereichern sollte, ohne sich in den Vordergrund zu drängen", erläutert Winy Maas von MVRDV Architekten. So entstand die runde Form, ohne klar definierte Vorder- oder Rückseite. Des Weiteren sollte so wenig Grundstücksfläche wie möglich versiegelt werden. "Daraus ergab sich der nach oben wachsende Umfang des Gebäudes, das sich von 40 Meter Durchmesser im Erdgeschoss auf 60 Meter im obersten Geschoss weitet. Zudem kam die Vorstellung auf, die Fassade zu verspiegeln, so dass sie die benachbarten Gebäude, der Park oder auch einfach nur den Himmel reflektiert."

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    Im Niederländischen kann das Wort Depot auch gelesen werden als De pot (Der Topf). Der Name für das Gebäude hat sich also quasi von selbst ergeben.
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    Entstanden ist ein öffentlich zugängliches Depot für Kunst, in dem nicht nur sämtliche Werke einsehbar sind, sondern das in sich selbst ein Kunstwerk ist.
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    Das Schaudepot Boijmans von Beuningen ist ein Gebäude, das seiner Umgebung den Spiegel vorhält – so nimmt es sich selbst weitestgehend zurück. Zur Montage der zweifach, teils dreifach gewölbten Spiegelpaneele entschieden sich MVRDV Architekten für die Systemlösung Jansen VISS SG Fassade mit der Anforderung der Einbruchhemmung in der Klasse RC4.
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    Der nach oben wachsende Umfang des Gebäudes, von 40 Meter Durchmesser im EG auf 60 Meter oben, minimiert die Versiegelung des Grundstücks.
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    Die runde Form, ohne klar definierte Vorder- oder Rückseite, bereichert die Nachbarschaft, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

1.664 Spiegel integriert

Die insgesamt 1.664 Spiegel, die sich auf 26 umlaufende Reihen à 64 Spiegel verteilen, wurden in China gefertigt und vor Ort in eine VISS SG Fassade mit der Anforderung der Einbruchhemmung in der Klasse RC4 montiert. Die Befestigung der zweifach, teils dreifach gewölbten Paneele mittels speziell berechneter Anker erforderte umfangreiches Engineering sowohl vonseiten des Systemgebers Jansen bzw. deren niederländischen Vertriebspartner ODS als auch vonseiten des Fassadenbauers Intal Producties Zuid, Horst. Die größte Herausforderung aber bestand in den Eingangsbereichen, wo automatisch öffnende Schiebetüren nahtlos in die Fassadenkonstruktion integriert werden sollten.

Sorba Projects bv, Winterswijk/NL entwickelte diese Schiebetüren in Zusammenarbeit mit Intal. Weil diese Türen ebenfalls verspiegelt sind, teilt sich das Spiegelbild des Besuchers, sobald er sich der Türe nähert. Durch den verhältnismäßig kleinen Eingang betritt er das knapp 40 Meter hohe Atrium. Die Besichtigung führt vom Foyer über kreuz und quer verlaufende Treppen vorbei an zahlreichen Depots, Ausstellungsräumen und gläsernen Werkstätten zum Dachgarten über dem sechsten Obergeschoss. Auf allen Ebenen lassen Festverglasungen keinen Zweifel an der Funktion des Gebäudes: dem Archivieren und Restaurieren wertvoller Kunstwerke. Selbst die Aufzüge fahren an gläsernen Vitrinen vorbei, in denen ständig wechselnde Exponate präsentiert werden sollen.

Hohe Sicherheitsanforderungen

Sämtliche verglasten Innenfassaden wurden im System Jansen VISS RC3 in der Brandschutzanforderung EI60 realisiert und mit wärmegedämmten Janisol C4 RC3 Brandschutztüren ausgestattet. Die Verglasung erfolgte mit eisenarmem Glas; dank seiner merklich neutraleren Farbe gewährleistet dieses Spezialglas den unverfälschten Blick auf die Exponate. Auf der Dachterrasse erwartet den Besucher ein Skulpturengarten inmitten zahlreicher Bäume. Sie wurden als Ersatz gepflanzt für all diejenigen, die dem Bauwerk weichen mussten.

Die VISS Fassaden des Dachaufbaus, der unter anderem ein Restaurant beherbergt, entsprechen der Einbruchhemmung RC2. Von RC4 über RC3 bis RC2: Der Vorteil der Systemlösung mit dem Stahlprofilsystem Jansen VISS liegt darin, dass differenzierte Lösungen in einheitlicher Ansicht realisiert werden können, und weitere Anforderungen – in diesem Fall Brandschutz unterschiedlicher Klassen – ebenfalls optisch unsichtbar integriert werden können.

Ein optisch auffälliger Effekt ergibt sich durch die Tatsache, dass die gewölbten Spiegel an der Fassade das Spiegelbild verzerren, was die Rotterdamer Skyline höher wirken lässt, als sie ist. So hat sich die Fassade schon lange vor der Eröffnung des Depots (die für September 2021 geplant ist) zum Selfie-Hotspot gemausert. Die 1.664 Spiegel übrigens sind eine Art memorial wall: Sie tragen jeweils den Namen ihrer Spender: 35 private Investoren haben zusammen 92 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit der Traum von einem öffentlich zugänglichen Kunstdepot Wirklichkeit werden konnte. Entstanden ist ein Gebäude, das auch selbst ein Kunstwerk ist.