Rechtssichere Auskunft bei Lohnsteuerfragen Grünes Licht vom Finanzamt

In kniffeligen Steuerfragen holen Betriebe beim Finanzamt rechtssicher Auskunft ein. Das empfiehlt sich besonders, wenn es um Löhne und Gehälter geht. Was dabei Unternehmerund Personalverantwortliche beachten, erläutert Dr. Axel Knoth von der Kanzlei WWS.

  • Bild 1 von 2
    © xxx
    Unternehmen haben die Möglichkeit, steuerliche Folgen bei schwierigen Lohnsteuerfragen mit ihrem Finanzamt vorab zu klären.
  • Bild 2 von 2
    © WWS
    Die Tätigkeitsschwerpunkte von Dr. Axel Knoth, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Kanzlei WWS in Mönchengladbach, sind steuerliche und betriebswirtschaftliche Beratungen sowie die Durchführung von Jahresabschlussprüfungen.

Fachkräftemangel, Tarifabschlüsse, Mindestlohn: Viele Unternehmen kämpfen mit steigenden Personalkosten. Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten optimieren viele ihre Vergütungsmodelle, um Lohnsteuer und Sozialabgaben zu senken. Doch der Kreativität setzt der Fiskus enge Grenzen. So manche Lösung erweist sich im Nachhinein als Bumerang. Bei einer Betriebsprüfung drohen saftige Nachzahlungen samt Zinsen. Unternehmen sollten bei schwierigen Lohnsteuerfragen stets vorab mit ihrem Finanzamt die steuerlichen Folgen abklären. So verschaffen sich Firmenchefs Rechtssicherheit und nehmen sich aus der Lohnsteuer-Haftung.

Für Unternehmer sind Kosteneinsparungen ein Dauerthema. Ein lohnender Ansatzpunkt sind die Löhne und Gehälter der Belegschaft. Zwar ist an Bruttolohn und Steuerklasse von Arbeitnehmern in der Regel nicht zu rütteln. Jedoch kann eine Umwandlung von Teilen des Entgelts in steuerfreie Extras die Abgabenlast spürbar senken. Beliebt sind etwa Tankgutscheine, Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge oder die Übernahme von Kinderbetreuungskosten. Davon profitieren Mitarbeiter durch einen steigenden Nettolohn.

Abgaben richtig senken

Bei derlei Lohnoptimierungen lauern einige Steuerfallen. Eine typische Fehlerquelle besteht darin, dass Personalverantwortliche einzelne Komponenten des neuen Vergütungsmodells nicht ausreichend aufeinander abstimmen. Schnell ergeben sich kumulative Effekte, bei denen Freibeträge oder Freigrenzen nicht mehr eingehalten werden. Oder Firmen übersehen aktuelle Rechtsentwicklungen und passen veraltete Konzepte nicht an. Wie lassen sich negative Konsequenzen aus solchen Fehlern vermeiden? Im Zuge der so genannten Anrufungsauskunft holen Arbeitgeber und -nehmer beim Finanzamt kostenlos rechtssicher Auskunft ein. Antragsberechtigt sind auch die steuerlichen Berater, mit denen ohnehin eine enge Abstimmung erfolgen sollte.

Rechtssicher Auskunft beim Finanzamt einholen

Für das Verfahren gelten strenge Vorgaben. Was bei der Antragstellung zu beachten ist, nennt ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom Dezember 2017 (Az. IV C 5 – S 2388/14/10001). Dazu zählt die Frage, welches Finanzamt für die Auskunft zuständig ist. Sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer ist das zuständige Betriebsstätten-Finanzamt in der Pflicht. Bei mehreren Betriebsstätten und Konzernunternehmen ist vorab die Zuständigkeit zu klären. Auch inhaltlich ist eine Anfrage klar geregelt. Das Auskunftsersuchen muss eine konkrete Rechtsfrage zu einem realen Fall beinhalten. Nicht zulässig sind dagegen Anfragen zu fiktiven Beispielen.

„Das Auskunftsersuchen muss stets eine konkrete Rechtsfrage zu einem realen Fall betreffen. Anfragen zu fiktiven Beispielen sind hingegen nicht zulässig.“

Bei der Form lässt der Fiskus den Antragstellern derzeit die freie Wahl. Sie können die Anrufungsauskunft schriftlich oder mündlich beantragen. Es ist jedoch grundsätzlich ratsam, die Schriftform zu wählen, um den Vorgang lückenlos zu dokumentieren. Der Antrag sollte immer auf § 42 e EStG Bezug nehmen. So ist für Finanzbeamte in jedem Fall klar, dass der Antragsteller eine Anrufungsauskunft einholen will. Doch Vorsicht: Die Bindungswirkung erstreckt sich nur auf das Lohnsteuerabzugsverfahren, nicht aber auf das einkommensteuerliche Veranlagungsverfahren. Letzteres ist auch dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Auskunft eingeholt hat.

Das Wohnstätten-Finanzamt kann also zu wenig gezahlte Lohnsteuer vom Arbeitnehmer über den Einkommensteuerbescheid nachfordern. In bedeutsamen Einzelfällen ist es deshalb sinnvoll, dass Arbeitnehmer zusätzlich bei ihrem Wohnsitz-Finanzamt eine so genannte verbindliche Auskunft einholen. Diese ist allerdings – anders als die Anrufungsauskunft – gebührenpflichtig.

Vorklärung bei bedeutsamen Fällen

Wann ist eine Anrufungsauskunft ratsam? Eine Vorklärung erfordern insbesondere Sachverhalte, die für Arbeitgeber von großer Tragweite sind und großen Interpretationsspielraum bieten. Streitanfällig sind besonders solche Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung mehrerer Merkmale verlangt. Wenn Arbeitgeber etwa Kosten für Arbeitskleidung oder Fortbildungen übernehmen, dann fragt der Fiskus nach dem „ganz überwiegenden betrieblichen Interesse“.

„Die Bindungswirkung erstreckt sich dabei stets lediglich auf das Lohnsteuerabzugsverfahren und  nicht auf das einkommensteuerliche ­Veranlagungsverfahren.“

Hier bewegt man sich argumentativ in einer Grauzone. Auch wenn Arbeitnehmer zugunsten einer Sachzuwendung auf Teile ihres Gehalts verzichten, ist die Steuerpflicht oftmals nicht eindeutig zu bewerten. Es bleibt fraglich, ob die Zuwendung steuerfrei ist oder der Pauschalversteuerung unterliegt. Hierzu gibt es keine gesicherte Rechtsprechung, ein höchstrichterliches Urteil steht noch aus. Auch Fragen nach der Arbeitnehmereigenschaft oder der Selbstständigkeit von Mitarbeitern, besonders im Fall von Gesellschaftergeschäftsführern, legen eine Anrufungsauskunft beim Finanzamt nahe.

Wie auch immer der jeweilige Fall gelagert ist: Eine Auskunft ist nicht uneingeschränkt gültig. Das Finanzamt kann sie von vornherein befristen oder aber mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Auch wenn der Gesetzgeber die entsprechenden Rechtsnormen ändert, entfällt die Bindewirkung. Die Finanzbehörden informieren Steuerzahler darüber in der Regel nicht. Arbeitgeber sollten daher wichtige Auskünfte regelmäßig auf ihre Anwendbarkeit hin prüfen lassen. Anderenfalls könnten sie von falschen Voraussetzungen ausgehen.