Mit Tageslicht nachhaltig bauen Es werde Licht

Eine gute Tageslichtplanung versorgt ein Gebäude optimal mit natürlichem Licht und hilft dabei, Energie zu sparen. GFF sagt, warum es in Deutschland an der Tageslichtversorgung krankt, warum die energetische Sanierung das Problem noch verschlimmert und welche Lösungsansätze es gibt.

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    Die Versorgung mit Tageslicht wird bei der Gebäudeplanung immer wichtiger.

Eine Studie von Ecofys hat untersucht, inwieweit die seit Jahrzehnten nahezu unveränderte Tageslicht-Faustformel der Musterbauordnung (MBO) für ein zeitgemäßes Tageslichtangebot in deutschen Gebäuden sorgt. Der Faustformel zufolge soll für ein ausreichendes Tageslichtangebot das Rohbaumaß von Fensterflächen mindestens ein Achtel der Grundfläche des Raumes betragen. Die Experten überprüften die Formel auf Grundlage des Entwurfs zur Norm prEN 17037:2016-08, die den aktuellen Stand des Wissens der europäischen Experten zum Tageslichtbedarf darstellt. Nach dem Ansatz der Tageslichtautonomie wird dort eine Beleuchtungsstärke von 300 Lux empfohlen, die über 50 Prozent des Raumes und zu 50 Prozent der Tageslichtstunden gewährleistet sein muss. Heißt wiederum: Der Mindestwert für den Tageslichtquotienten – dieser Wert drückt die im Raum ankommende Menge an Tageslicht im Verhältnis zur im Freien bei bewölktem Himmel verfügbaren Tageslichtmenge aus – beträgt z.B. für Berlin 2,2 Prozent.

Nachholbedarf bei Lichtversorgung

Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd: Erst eine Verdoppelung der Faustformel für die Fensterflächen von einem Achtel auf ein Viertel würde den Anforderungen an eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht gerecht. Anders gesagt: Deutschland – konkret die MBO – hinkt bei der Tageslichtversorgung hinterher. Für Tageslicht-Experten ist das nicht nachvollziehbar. Für sie stellt die ausreichende Versorgung mit Tageslicht einen wesentlichen Aspekt der Planung dar. „Natürlich sollte Tageslichtplanung eine wichtige Rolle in der zeitgenössischen Architektur spielen“, sagt beispielsweise Dipl.-Ing. Peter Zöch von Bartenbach, dem renommierten Unternehmen für Tages- und Kunstlichtplanung mit Sitz in Aldrans/Österreich. Dafür sprechen nach seinen Angaben mehrere Gründe: Mit Tageslicht lässt sich wesentlich die Atmosphäre eines Raums beeinflussen. Ausreichende Versorgung mit Tageslicht trägt signifikant zur Gesundheit und zum psychologischen Wohlbefinden bei. Und nicht zuletzt lässt sich mit autonomer Belichtung durch Tageslicht – ohne Kunstlichtzuschaltung – auch Energie sparen. „Gute Tageslichtplanung trägt belegbar zum nachhaltigen Bauen bei“, sagt Zöch.

Tageslichtplanung als Entwurfsparameter

Die ganzheitliche Tageslichtplanung beginnt laut Zöch bei der Standortanalyse, der geografischen Lage und der örtlichen Lichtsituation. Anschließend folgen die ersten Entwurfsüberlegungen zur Orientierung und Komposition des Gebäudes und zur Dimensionierung der Öffnungen. Weitere wichtige Faktoren sind: visueller Komfort, psychologische und gesundheitliche Aspekte des Lichts sowie die Vermeidung von Wärmeeintrag und Blendung. Lassen sich die Orientierung und die Komposition des Gebäudes nicht rein an Tageslichtkriterien ausrichten, helfen Zöch zufolge Tageslichtsysteme, um die Lichtsituation zu verbessern.

Bei guter Tageslichtplanung essenziell sind laut Zöch ferner die Berücksichtigung von Sonnen- und Blendschutz und eine frühzeitige Integration dieser Fragen ins Gesamtkonzept. „Heute werden oftmals ein Sonnenschutz vorgefahren, um eine Überhitzung des Raums zu verhindern, gleichzeitig dann aber das Kunstlicht eingeschaltet, um die optimale Beleuchtung zu erhalten“, nennt Zöch als Herausforderung beim Bauen mit Tageslicht. Ein frühzeitiger Dialog zwischen Architekt, Tageslichtplaner und Energieexperten fördere ansprechende Lösungen, ohne die Kreativität des Architekten einzuschränken.

Problemfall energetische Sanierung

Lässt sich eine ausreichende Tageslichtversorgung bei Neubauten – bei entsprechendem Willen der Beteiligten – noch relativ einfach berücksichtigen, wird die Situation bei der energetischen Sanierung ungleich komplizierter. Auch solche Fälle hat die Ecofys-Studie untersucht. Demnach sinkt, legt man die ein Achtel-Faustformel zugrunde, die Tageslichtversorgung nach Sanierungsmaßnahmen sogar unter den Ausgangswert. Die wesentlichen Einflussfaktoren sind hier die Größe der Verglasungsfläche, der Lichttransmissionsgrad der Verglasung und die Verschattung durch die Dämmung der Außenwand. Prof. Peter Andres, Inhaber des Büros Peter Andres Lichtplanung in Hamburg, kennt die Problematik. „Aus lichttechnischer Sicht gehen bei der energetischen Sanierung ganz schnell 20 bis 25 Prozent an Tageslichteintrag verloren“, sagt Andres. Der Austausch der Zweifach- durch eine Dreifach-Verglasung koste zehn bis 15 Prozent. Hinzu komme die Außendämmung, die die Fensterlaibung vertiefe. Auch das schlucke Licht. Die Folge: „Den geringeren Tageslichteintrag muss man mit Kunstlicht ausgleichen.“ Diese Kosten berücksichtigten die wenigsten in ihren Energiespar-Berechnungen. „Die Betrachtungen hören leider an der Fassade auf. So sind das aber nur Milchmädchenrechnungen“, sagt Andres.

Schmale Rahmen sind Trumpf

Welche Maßnahmen lassen sich zusätzlich zum Fensteranteil ergreifen, um die Tageslichtqualität zu verbessern? Neben der Montage der Fenster in der Dämm­ebene und abgeschrägten Laibungen lassen sich die Dämmdicken durch die bewusste Wahl einer Dämmung mit niedriger Wärmeleitfähigkeit beschränken. Bei der Verglasung sollte die Wahl wiederum auf ein Produkt mit hohen Lichttransmisionswerten fallen. Die Verglasungsfläche selbst sollte z.B. durch einen geringen Rahmenanteil maximiert werden.

Architekt Tim Driedger von in_design architektur in Frankfurt favorisiert schmale Fensterrahmen allein schon aus architektonischen Gründen. Interessant sind solche Profile aber auch vor dem Hintergrund der in der MBO aufgeführten Faustformel. „Die Bauordnung fordert für Aufenthaltsräume zur Belichtung ein auf Raumflächen bezogenes Mindestmaß an Fensterfläche, aber definiert leider nur die Rohbauöffnung, so dass das tatsächliche Glasmaß, das für die eigentliche Belichtung ausschlaggebend wäre, gesetzmäßig überhaupt nicht bedeutsam ist – tatsächlich aber eine erhebliche Bedeutung hat“, sagt Driedger. Nach seinen Angaben fordern vor allem private Bauherren schon von sich aus größere Transparenz, mehr Helligkeit sowie raumhohe Verglasungen.