xxx Neue Chancen bei der doppelten Haushaltsführung

Im Zuge steigender Berufspendlerzahlen verschärft der deutsche Fiskus die Vorgaben für dieAnerkennung der doppelten Haushaltsführung. Steuerberaterin Annegret Hostrup-Dille siehtin einem anhängigen Revisionsverfahren die Option, künftig mehr Kosten geltend zu machen.

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    Revision: Das Urteil des Bundesfinanzhofes zur Höhe der abzugsfähigen Werbungskosten bei doppelter Haushaltsführung steht noch aus.
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    Annegret Hostrup-Dille

Egal ob in der Industrie, im Handel oder im Handwerk – immer mehr Fach- und Führungskräfte nehmen weite Anfahrtswege zur Arbeit auf sich. Wie eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung ausweist, fahren zirka 60 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland zum Job in eine andere Gemeinde – Tendenz steigend. Häufig ist entfernungsbedingt eine Zweitwohnung am Arbeitsort erforderlich. Die Kosten dafür lassen sich im Zuge der doppelten Haushaltsführung in begrenzter Höhe steuerlich absetzen.

Ablehnende Bescheide anfechten

„Mit einem aktuellen Urteil können Pendler womöglich deutlich mehr Aufwendungen geltend machen“, betont Annegret Hostrup-Dille, Steuerberaterin der Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz am Standort in Aachen. Betroffene sollten ablehnende Bescheide vom Finanzamt anfechten, um gegebenenfalls von einem steuerzahlerfreundlichen Urteil in letzter Instanz zu profitieren.

„Berufspendler sollten daher die Risikofaktoren für eine Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung immer im Blick haben.“

Eine beruflich bedingte Zweitwohnung ist für Berufspendler ein erheblicher Kostenfaktor. Der Fiskus greift Arbeitnehmern und Selbstständigen unter anderem bei den Unterkunftskosten unter die Arme, sofern eine anerkannte doppelte Haushaltsführung vorliegt. Monatlich lassen sich laut Hostrup-Dille bis zu 1.000 Euro der Aufwendungen absetzen, die mit einer Zweitwohnung anfallen. Bei Mietwohnungen akzeptiere das Finanzamt nicht nur die Miete, sondern unter anderem die Betriebs-, Renovierungs- und Reinigungskosten. Handelt es sich um Wohneigentum, kämen die Gebäudeabschreibung und die Finanzierungskosten dazu. Bislang gehen die Finanzämter davon aus, dass auch die Kosten für Einrichtung und Hausrat unter den monatlichen Höchstbetrag von 1.000 Euro fallen.

Das sieht das Finanzgericht Düsseldorf in einem aktuellen Urteil anders. Die Richter stellen fest, dass diese Kosten in unbegrenzter Höhe abzugsfähig sind, da sie keine Unterkunftskosten darstellen (Az. 13 K 1216/16 E). Gegen den Richterspruch ist ein Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. „Betroffene sollten bis zur abschließenden Entscheidung den Steuerabzug für alle sonstigen notwendigen Aufwendungen beantragen, auch wenn sie damit das monatliche Limit von 1.000 Euro überschreiten“, rät Hostrup-Dille ganz konkret. Ihr Tipp: „Lehnt das jeweilige Finanzamt den Abzug ab, sollten Steuerzahler mit Verweis auf das anhängige BFH-Verfahren Einspruch einlegen und ein Ruhen des Verfahrens beantragen.“

Eine schmerzliche Lücke vermeiden

Wie auch immer der BFH in der Sache entscheidet: Berufspendler sollten grundsätzlich immer die Risikofaktoren für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung im Blick haben. Denn Gesetzgeber und Rechtsprechung verschärfen zunehmend die Voraussetzungen. Eine für ein Steuerjahr anerkannte doppelte Haushaltsführung kann laut der Expertin bei gleichen Rahmenbedingungen aufseiten des Berufspendlers, aber geänderter Rechtsprechung oder Gesetzgebung im nächsten Steuerjahr hinfällig sein. Wird der Werbungskostenabzug wider Erwarten nicht anerkannt oder geht ein bestehender verloren, entstehe bei der Finanzierung der Zweitwohnung schnell eine schmerzliche Lücke.

Eine zentrale Vorgabe für eine Anerkennung besteht darin, dass der Lebensmittelpunkt weiterhin am Sitz der Hauptwohnung liegt. „Als Lebensmittelpunkt betrachtet der Fiskus den Wohnort, an dem die wichtigsten sozialen Beziehungen bestehen“, weiß Hostrup-Dille. Keine Probleme hätten Steuerzahler in der Regel, wenn die Hauptbezugsperson in der Erstwohnung lebt. Schwieriger werde es dagegen, wenn der ebenfalls berufstätige Ehegatte, Lebenspartner oder -gefährte mit in die Zweitwohnung zieht. Dann müsse sich der Lebensmittelpunkt zwar nicht zwingend an den Beschäftigungsort verlagern (BFH, Az. VI R 16/14). Jedoch könne die Betrachtung der Gesamtumstände eben dafür sprechen. „In solchen Fällen sollten Pendler darauf achten, dass sie dem Finanzamt keine weiteren Indizien für einen Lebensmittelpunkt am Arbeitsort liefern“, empfiehlt Hostrup-Dille. Dazu gehören etwa eine geringe Anzahl von Heimfahrten, Vereinszugehörigkeiten am Beschäftigungsort oder eine im Vergleich zur Hauptwohnung größere sowie besser ausgestatte Zweitwohnung.

Keine Kinder am Arbeitsort

Grundsätzlich schlechte Karten haben laut Finanzgericht München Berufspendler, wenn sich am Arbeitsort auch noch die Kinder befinden. Jedoch ist gegen dieses Urteil aktuell ein Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig (Az. VIII R 29/16).

„Zentrale Vorgabe für die Anerkennung ist, dass sich der Lebensmittelpunkt weiter am Sitz der Hauptwohnung befindet.“

„Stolperfallen drohen zudem vielen alleinstehenden Arbeitnehmern“, ergänzt Hostrup-Dille. Für sie verschärfe ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums die Vorgaben zur Anerkennung des Hausstandes am Heimatort, sofern sie Wohnraum als Lebensgefährte oder Mitbewohner nutzen (Az. IV C 5 – S 2353/14/10002). Das Finanzamt prüfe dann, ob eine angemessene finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung vorliegt. „Pendler gehen auf Nummer sicher, wenn sie sich zu mehr als zehn Prozent an den monatlichen laufenden Kosten der Haushaltsführung beteiligen“, gibt die Fachfrau Auskunft. Steuerzahler sollten die Zahlungen grundsätzlich überweisen, damit eine beweissichere Dokumentation erfolgt. Idealerweise sollten Berufspendler für die Nutzung von Räumlichkeiten einen Mietvertrag abschließen. So verschaffen sie sich ein eigenes Recht an der Hauptwohnung und erfüllen damit eine wichtige Voraussetzung für die Existenz eines eigenen Hausstandes.